Erinnern Sie sich an den BREXIT? Sagt Ihnen das Brexit-Überleitungsgesetz noch etwas?
Am 15. März 2019 hatte der Deutsche Bundestag das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit-StBG/Steuerbegleitgesetz) verabschiedet. Das neue Gesetz stellte einen ersten Eingriff in den ansonsten strengen deutschen Kündigungsschutz dar. Mit diesem Schritt wollte die deutsche Regierung britische Banken dazu bewegen, ihren Sitz nach Frankfurt zu verlegen und nicht in eines der anderen Finanzzentren in den verbleibenden 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Die strengen Regeln des deutschen Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) bilden den Kern des Kündigungsschutzes in deutschen Arbeitsverträgen. Erstmals sah das Gesetz eine spezifische Lockerung dieser Regeln vor. Da das deutsche Recht das Konzept der Beschäftigung „nach Belieben“ nicht kennt, kann ein Arbeitsverhältnis in Deutschland bei Anwendung des deutschen Kündigungsschutzgesetzes grundsätzlich nur dann gekündigt werden, wenn sozialrechtfertigende Gründe vorliegen. Das Brexit-Übergangsgesetz erlaubte in Deutschland ansässigen Banken - sofern sie als „bedeutende Institute“ gelten - die Kündigung von Arbeitsverträgen mit ihren hochbezahlten Mitarbeitern (sofern diese aufgrund ihrer Tätigkeit als „Risikoträger“ eingestuft werden), ohne die üblichen strengen Anforderungen des deutschen Arbeitsrechts zu beachten. Weitere Details finden Sie in unserem Beitrag Brexit and the fate of German dismissal protection - Deutscher AnwaltSpiegel sowie im Interview Abbau des Kündigungsschutzes? - Rimon Falkenfort auf FINANCE TV.
Deutsches Arbeitsrecht geht vom Kündigungsschutz aus, mit der Folge des Fortbestands von Arbeitsverhältnissen, sofern die Gerichte Kündigungen der Arbeitgeber für unwirksam erachten. Die Darlegungs- und Beweislast für Unternehmen in Kündigungsschutzverfahren ist hoch. Es bestehen wenige Ausnahmen. In der Praxis selten erfolgreich sind sog. Auflösungsanträge nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG bei gravierenden Fehlverhalten von Arbeitnehmern, dies meist nur bei strafrechtlich relevanten Verstößen. Die Anforderungen der Rechtsprechung hierzu sind hoch. Nur bei sog. „leitenden Angestellten“ müssen Auflösungsanträge nicht begründet werden. Die Folge sind in diesen Fällen Abfindungsregelungen anstatt Bestandsschutz.
Während das Brexit-Übergangsgesetz in Anlehnung an § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG den Anwendungsbereich des vereinfachten Kündigungsverfahrens nach § 25a Abs. 5a, § 25n KWG auf bedeutende Finanzinstitute - also Großbanken - beschränkte, erweitert nun der Referentenentwurf des ZuFinG II (Zweites Zukunftsfinanzierungsgesetz) den Anwendungsbereich erheblich. Der erleichterte Kündigungsschutz wird maßgeblich erweitert auf alle gutverdienenden MRTs in allen Kreditinstituten, Wertpapierfirmen, Kapitalverwaltungsgesellschaften und der gesamten Versicherungsbranche. Damit zielt der Gesetzesentwurf auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland.
Der reduzierte Kündigungsschutz für High Earner MRTs soll den Unternehmen mehr Spielraum geben, Personalentscheidungen schneller und effizienter umzusetzen. Gleichzeitig kann die Neuregelung zu einer erhöhten Unsicherheit bei der Umsetzung von Neueinstellungen für potentiell betroffene High Earner MRTs in den jeweiligen Unternehmen führen. Betroffene Arbeitgeber im Finanzsektor sollten diese Neuregelungen bei entsprechenden Arbeitsvertragsverhandlungen berücksichtigen, etwa bei der Festlegung der Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist. Auch werden betroffene Unternehmen im Einzelfall die weitergehenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen für diesen Personenkreis, die sich aus dem Status als (High Earner) MRTs ergeben, bei der jährlichen MRT-Analyse berücksichtigen müssen.
Der weitere Gesetzgebungsprozess wird daher genau zu beobachten sein.